Armreif - Gelbgold - 1971
Mit der Anfertigung ihres Meisterstücks hatte Franziska Kelz-Blank 1971 zu beweisen, daß sie während ihrer Ausbildungszeit ihr Handwerk ordentlich gelernt hat und nun als selbständige „Zunft-Genossin“ verabschiedet werden konnte. So muß das Meisterstück eher den Ausbildungskriterien entsprechen, sich den Werkstattgepflogenheiten und dem Schulstil stärker anpassen als einem eventuell abweichenden eigenen Form- und Gestaltungswillen.
Doch wird hier bereits der Eröffnungsakkord für die kommende Arbeitsweise angeschlagen. Handwerkliche Virtuosität in Verbindung mit Experimentierfreudigkeit kündigt sich an.
Im Meisterstück wird die reizvolle Oberflächenstruktur nicht mechanisch, sondern thermisch hergestellt. Das Metall wird so überhitzt, daß ein brodelnder, breiiger Zustand entsteht. Nach dem Erkalten zeigen sich natürliche, materialspezifische Strukturen. Diese Technik ist bei Goldschmieden umstritten, da die Strukturen eher als Zufallsergebnisse gelten können. Kelz-Blank überwindet die Materialabhängigkeit, indem sie die verschiedenen Schmelzpunkte der Metalle ausnutzt.
Mit einem je nach gewünschtem Ergebnis geformten Griffel aus einem Metall mit höherem Schmelzpunkt arbeitet sie Strukturen in die breiige Brodelmasse ein und zwingt so dem Werkstoff ihren Formwillen auf, ohne ihm seine Natürlichkeit zu nehmen. Den auf diese Weise strukturierten Teilflächen werden kontrastierend hochglanzpolierte Teilflächen gegenübergestellt; die Flächenpartien sind mit verschieden hohen Stegen in mehreren hundert Lötvorgängen einzeln auf die Basiskrümmung aufgelötet.
Formal ist der Armreif nicht sehr mutig, in seiner Eigenschaft als Meisterstück kann er es auch gar nicht sein. Gestalterisch ist er dagegen sehr aufwendig. In seiner Struktur zeichnet das entgegen seiner Kompliziertheit so selbstverständlich erscheinende Stück den Flächenkontrast ab, der die Arbeiten von Kelz-Blank häufig prägt: Das Nebeneinander von hochglanzpolierten und strukturierten Teilflächen wirkt sich immer wieder gestalterisch aus. Reliefcharakter bestimmt die plastische Auflockerung; in ihrer Grundtendenz werden die Stücke dadurch zarter und luftiger. Massive Schwere wird durch leichte Formeleganz überwunden.