Bonner General-Anzeiger, Mittwoch, 29. November 1978

Schneckengehäuse und Muscheln mit edlen Metallen
zu Schmuck gestaltet

Franziska Kelz-Blank stellt in der Parlamentarischen Gesellschaft aus

Wa- „Wir empfinden den monotonen Stil unserer Gegenstände, Folge der Ablösung der Handwerksarbeit durch die maschinelle Produktion, als notwendiges Übel. Die Verarmung der Mannigfaltigkeit, die Uniformierung des Alltags wird hingenommen“, stellte Franziska Kelz-Blank gestern vor der Eröffnung ihrer Ausstellung „Schmuck und Skulptur“ fest, zu der die Bundestagsabgeordnete Dr. Anke Martiny in die Parlamentarische Gesellschaft eingeladen hatte. Franziska Kelz-Blank versucht neue Wege zu gehen – vom plastisch gestalteten Schmuck bis zur Skulptur. Ihr kommt es vor allem auf die organische Form an, die mit der Trägerin des Schmucks harmonisieren soll. Professor Heinrich Lützeler, Bonner Kunsthistoriker, führte anhand von Lichtbildern in die Ausstellung ein.

     Die Ausstellung zeigt 117 Arbeiten – Schmuckstücke, Plastiken, Zeichnungen, Entwürfe und Werkmodelle. Es sind handgearbeitete Einzelstücke. Verwendet wurden Gold und Silber in verschiedenen Legierungen, Eisen, Stahl, Kupfer, Bronze, Aluminium, Plexiglas, Korallen, Perlen und Edelsteine aller Art, aber auch Elfenbein, Holz, Leder und Schneckengehäuse. Nahezu alle Stücke entstanden 1977 und 1978, nur wenige sind älter.
     „Wer im Schmuck nur den materiellen Wert sieht, ist schmuck-blind“, meint Franziska Kelz-Blank. Das Schöpferische allein sei der Maßstab, das Handwerkliche, das bei allen Gattungen der bildenden Kunst eine Selbstverständlichkeit ist, könne darüber vergessen werden.
     Es geht Franziska Kelz-Blank aber auch darum, Kontraste aufzuzeigen. So schuf sie Broschen aus Leder mit Silber, oder Messing vernickelt mit Muschel und Koralle.
    Bei den verwendeten Schneckengehäusen sind es Form und Farbe, die Franziska Kelz-Blank faszinieren. Frauen sollen, so sagt sie, die Dinge, mit denen sie sich schmücken, verinnerlichen, Schmuck dürfe nicht Statussymbol sein.
     Und der Männerschmuck? Die auffallende Bürgermeisterkette, Leihgabe der Stadt St. Augustin, ist zweifellos Zeichen des Amtes. Mit dem übrigen Männerschmuck – es sind nur wenige Stücke – fällt es schwer, sich vertraut zu machen. Vielleicht liegt es auch daran, daß dem Mann das Schmücken verlorengegangen ist; wie alte Bilder zeigen, trug der Mann vergangener Epochen durchaus Schmückendes. Die Männerwelt des 20. Jahrhunderts gibt sich. eher monoton.
     Die Ausstellung ist geöffnet bis zum 15. Dezember montags bis donnerstags 9-12 und 15-18 Uhr, freitags 9-15 Uhr, vom 18. bis 22. Dezember – montags bis freitags 9-15 Uhr im Hause Dahlmannstraße 7.

 
Donnerstag, 7. Dezember 1978    FEUILLETON    General-Anzeiger    Seite 13

          BILDENDE KUNST:
Vom Dekor zur Skulptur

Von Annelie Pohlen

„Schmuck – er fasziniert den Menschen seit etwa 20 000 Jahren vor Chr. bis heute“, so leitete Heinrich Lützeler in das Werk von Franziska Kelz-Blank ein, das in der Parlamentarischen Gesellschaft in vielen Facetten künstlerischen Gestaltens zu sehen ist. Von der Entwurfszeichnung über das Foto bis zum real vorhandenen Schmuckstück und einigen in Weiterentwicklung ihrer Arbeit mit dem edlen Metall entstandenen freien Skulpturen läßt sich schrittweise der Künstlerin Bestreben, organoide Fantasien mit geometrischer Kühle zu verbinden, beobachten. Verständlich, daß gerade der Schmuck dem Zarten, dem dekorativ Verspielten, gelegentlich den Vorzug läßt. Es ist insbesondere der Gedanke der Anpassung an den flexiblen menschlichen Körper, dem Vorrang gebührt. Gold, Perlen, Edel- und Halbedelsteine belegen den „Gegenstand“ in fantasievoller Weise. Der Übergang in die freie Skulptur geht mit einer Neigung zu größerer Strenge einher, wiewohl auch hier der Dualismus zwischen Organoidem und Geometrischem fortbesteht. Eher kunsthandwerklich wirken allerdings die Arbeiten, in denen die Künstlerin dem Aluminium den Charakter des rohen Reliefs beläßt.


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