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Schmuck + Skulptur

Franziska Kelz-Blank

Deutsche Parlamentarische Gesellschaft
Bonn, Dahlmannstraße 7

28. November – 15. Dezember 1978

Rede zur Eröffnung
von Professor Dr. Heinrich Lützeler

 

Schmuck - seit Jahrtausenden
Schmuck - in neuer Gestalt
 
 
Prof. Dr. Heinrich Lützeler, 1978 Schmuck: Zierat am Körper oder Gewand des Menschen
Schmuck ist unvollendete Kunst; ohne den Menschen ist er nicht denkbar. Im Schmuck wird die Eigenart des lebendigen, individuellen Menschen ausgedrückt. Der Träger oder die Trägerin wird Teil des Werkes, das Werk wird zum Bestandteil der Individualsphäre des Menschen. Im Bezug von Werk und Mensch liegen alle künstlerischen Probleme des Schmuckes beschlossen. So hat der Schmuck eine durchaus eigene, künstlerische Bedeutung. Zu Unrecht hat man ihn an den Rand unserer kunstgeschichtlichen Wahrnehmungen abgedrängt. Tatsächlich ist er ein historisches Urphänomen. Die Gestaltung des Schmuckes setzt in der älteren Steinzeit, etwa 20 000 v. Chr. ein. Die Geschichte des Schmuckes setzt sich dann ununterbrochen bis in unsere Gegenwart hinein fort. Diese Geschichte ist schlechthin unermeßlich. Mit ihrer Arbeit steht Frau Kelz-Blank in einer bedeutenden Tradition.

Arbeiten von Franziska Kelz-Blank: Grundzüge der Form
Bei der Betrachtung Kelz-Blankscher Arbeiten stellt man schnell ihre Vorliebe für das Wasser fest. Ein Urphänomen der Menschheit, die Verehrung des Wassers, tritt hier zutage. Die Formen Kelz-Blankscher Arbeiten sind, wie das Wasser in all seinen Erscheinungsformen, voller Bewegung, oft rhythmisch gegliedert.

Pirro mit Herrenschmuck Für die Arbeiten von Kelz-Blank ist eine außerordentliche Phantasie bezeichnend. Aus uralten Konzepten macht sie immer wieder einfallsreiches Neues. Ein Beispiel für ihre Originalität: Herrenschmuck. In der Vergangenheit war er ein weites Gebiet. Heute ist Herrenschmuck bis auf wenige Ausnahmen fast verschwunden. Frau Kelz-Blank jedoch möchte die Herren geschmückt sehen. So erfindet sie eine Halskette mit Anhänger in Anlehnung an die Krawattenform. Der Schmuck soll an die Krawatte erinnern und sie ersetzen.

Ein weiterer Formenzug bei Kelz-Blanks Arbeiten ist das Plastische. Ein Beispiel für die Plastizität ihrer Arbeiten ist die Brosche aus Gold mit Citrin und Morion. Die Kontraste, heller Stein / dunkler Stein und spiegelblankes Gold / rauhes Gold, sind gestaffelt und greifbar einander gegenübergestellt.

Besonders fesselnd im Werk Kelz-Blanks finde ich ihre Kraft zum Irrationalen, als Beispiel ihre Brosche aus Gold mit einem Rubinkristall. Eine solche Form spottet aller Symmetrie, jeglicher Rationalität. Der Zauber des Unvorhergesehenen und des Unberechenbaren erfreut uns in unserer durch und durch genormten Welt.

Schließlich ein dritter Grundzug der Gestaltung neben dem Irrationalen und dem Plastischen: das Raumhafte. Als Beispiel eine Brosche aus Gold mit Riefen und Knicken. Wir schauen in einen Raum hinein, der hier ein weiteres Element für die Durchformung des Schmuckes wird. Mit dem Bewußtsein ihrer Fähigkeit zur plastischen und raumhaften Gestaltung experimentiert Frau Kelz-Blank auch mit größeren Metallskulpturen.

Material und Handwerk
Viele Arbeiten von Frau Kelz-Blank sind aus kostbarem Material: Schnecke mit Perlen Gold, Silber, edle Steine. Jedoch verwendet die Künstlerin auch einfache Materialien: Muscheln, unedle Metalle, Leder, Holz. Man erkennt, daß es ihr nicht auf die Schaustellung des materiellen Reichtums ankommt, z. B. ihr Ring aus Gold und Holz. Um ein Stück Holz legt sie ein asymmetrisches Blatt aus Gold – Kostbarkeit und Einfachheit des Materials kommen hier zusammen.

Sie verschmäht auch moderne Werkstoffe wie Acryl und Polyester nicht. Es wäre töricht zu glauben, nur die Alten hätten uns Materialien überliefert, an die wir gebunden seien.

Mit herkömmlichen und modernen Materialien kann Frau Kelz-Blank umgehen. Sie hat viel gelernt, sie ist handwerklich tüchtig. Man kann im Bereich des Schmuckes nur dann Zufriedenstellendes leisten, wenn man mit vielen Materialien und Techniken sicher umgehen kann. Das ist bei ihr der Fall.

Was ich am Schmuck liebe
Hier gibt es keine Museumsstücke. Ich liebe diese Kunst, weil der Träger Teil des Werkes wird. Ich interessiere mich für gebrauchte Kunst, für Kunst im Gebrauch. Ich mag die künstlerische Haltung, die hinter dem soliden Schmuckhandwerk steht. Viele Künstler glauben Genies zu sein. Hier gibt es kein genialisches Getue, hier herrschen Bescheidung, Klarheit und Kraft. Das bildet eine gute Atmosphäre. Ich liebe am Schmuck, daß er ganz konkret beim Vollzug des Lebens wirksam wird – aus Schönheit und Phantasie.

Heinrich Lützeler


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